Straßenbeiträge (fast) abgeschafft!


Heusenstamm, 28. Mai 2021

 

Am Mittwoch hat die Stadtverordnetenversammlung einen weiteren wichtigen Beschluss gefasst, mit sehr breiter Mehrheit bei nur zwei Gegenstimmen: Auf unseren Antrag hin sollen rückwirkend zum 1. Januar 2021 die Straßenbeiträge in Heusenstamm abgeschafft werden. Damit lösen wir eine weitere Zusage an die Bürgerinnen und Bürger ein, die wir in unseren „10+1 Sofortmaßnahmen, wenn wir die Kommunalwahl gewinnen“ vorab kommuniziert haben.

 

Der Magistrat ist nun aufgefordert, dem Parlament für die nächste Sitzung eine notwendige Aufhebungssatzung vorzulegen, damit das bestehende Ortsrechts auch formal außer Kraft gesetzt wird.

Die Abschaffung der Beiträge ist die eine Seite der Medaille. Wer dies jedoch aufrichtig fordert, muss auch sagen, wo das Geld stattdessen herkommen soll – das haben wir im Rahmen der Diskussionen stets getan. Daher enthält unser Antrag einen zweiten Absatz, welcher explizit auf eine gegebenenfalls notwendige Erhöhung der Grundsteuer B hinweist.

 

Zudem haben wir einen dritten Absatz – auf Vorschlag der FDP – mit aufgenommen: Es soll geprüft werden, wie z.B. im Rahmen einer „Nachhaltigkeitssatzung“ eine möglichst große Transparenz und Verlässlichkeit bei der Verwendung der Steuermittel (unter Umständen auch aus einer erhöhten Grundsteuer) konkret für die notwendigen Straßensanierungen erreicht werden könnte. Trotz Gegenstimmen von AfD und SPD, wurden diese beiden Antragsteile ebenfalls mehrheitlich angenommen.

 

Wie sich bereits in der vergangenen Woche im Hauptausschuss gezeigt hatte, war die SPD eigentlich nie von ihrem ursprünglichen Plan (wiederkehrende Straßenbeiträge) abgerückt. Ihre mehrfachen Volten, vor und nach der Wahl, sind nun offenbar geworden. Ihr Versuch, der CDU bei diesem Thema Unglaubwürdigkeit zu unterstellen, ist grandios gescheitert.

 

Das Thema wurde in den vergangenen Jahren und Monaten unter verschiedenen Aspekten diskutiert. Unsere Überlegungen und Beweggründe hat Michael Kern in seiner Rede im Stadtparlament (26.5.2021) nochmals prägnant zusammengefasst:

(es gilt das gesprochene Wort) 

 

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrter Magistrat, Herr Bürgermeister,

werte Stadtverordnete, werte Gäste,

 

es freut mich, nach gut zweieinhalb Jahren hier wieder zu dem Thema Straßenbeiträge sprechen zu können. Im September 2018 hatten wir eine Debatte um die Einführung der wiederkehrenden Beiträge, dies wollten wir damals nicht. Für uns war damals das NEIN aber keineswegs ein Bekenntnis zur Beibehaltung des alten Systems, sondern der Beginn einer intensiven Diskussion.

 

Ausgangspunkt der damaligen Debatte war eine Gesetzesänderung: Bis 2018 war die Beitragserhebung bei defizitären Haushalten vorgeschrieben. Seit 2019 können die Kommunen selbst entscheiden, ob sie bei den Grundstückseigentümern Beiträge erheben oder nicht. Das Ergebnis unserer internen Diskussion, in die auch alle neuen Kandidaten und Kandidatinnen einbezogen wurden, war dann eindeutig: Wir wollen einen Kurswechsel, wir wollen die komplette Abschaffung der Straßenbeiträge. Damit sind wir in die Kommunalwahl gezogen und dies wollen wir heute umsetzen.

 

An oberster Stelle steht für uns der Grundsatz: Alle nutzen das Straßennetz, alle sollen sich daher auch an der Finanzierung beteiligen. Das hat für uns gegenüber andern Gesichtspunkten die höchste Überzeugungskraft. Das Straßennetz ist Infrastruktur wie Schule, Kindergarten und Bahn. Wir sind alle potentielle Nutzer, ob zu Fuß, per Auto oder Fahrrad. Auch bundesweit gibt es einen ganz klaren Trend in diese Richtung. In neun Bundesländern sind die Straßenbeiträge bereits abgeschafft, inzwischen sind es über 150 hessische Kommunen, in denen keine Beiträge erhoben werden. Vor diesem Hintergrund gilt: Es ist doch den Heusenstammer Einwohnern und Einwohnerinnen nicht mehr zu vermitteln, dass sie mehrere Tausend Euro bezahlen (in welcher Form auch immer), während dies in anderen Kommunen oder Bundesländern durch die Steuereinnahmen geschieht.

 

Wenn die Straßen künftig allein über den städtischen Haushalt finanziert werden, dann ist eine Erhöhung der Grundsteuer möglicherweise nötig, in dieser Hinsicht wollen wir ehrlich sein. Aber eine Erhöhung ist kein Muss: Grundsätzlich können Kommunen auch durch Einsparungen, Reduzierung der Ausgaben oder durch erhöhte Einnahmen an anderer Stelle die Straßen finanzieren. So kann eine Erhöhung gering ausfallen - oder im besten Fall gar nicht nötig sein.

 

Sehr gerne haben wir daher auch das Anliegen der FDP aufgenommen: Der Magistrat möge prüfen, ob mit einer Satzungsbestimmung (z.B. als Teil einer Nachhaltigkeitssatzung) erreicht werden kann, dass eine mögliche Anhebung der Grundsteuer B zur Finanzierung von Straßensanierungen auch tatsächlich implizit zu diesem Zweck benutzt werden.

Ja, Steuern sind nicht zweckgebunden. Es geht hier allein um eine Selbstverpflichtung, um eine Darstellung der Ausgaben, um Kostentransparenz. Der Bürger soll schlicht und ergreifend wissen, welchen Anteil seiner Steuer in die Straßenerhaltung fließt oder geflossen ist. Im Idealfall vorab, auf jeden Fall im Nachhinein.

 

An dieser Stelle noch einige Worte zum nun wohl wieder aktuellem SPD-Modell der wiederkehrenden Beiträge. Wir waren 2018 gegen die wiederkehrenden Beiträge und sind es auch heute noch viel mehr! Es hat einen hohen Verwaltungsaufwand, verursacht weitere Personalkosten. Auch der hessische Steuerzahlerbund steht daher den wiederkehrenden Beiträgen ablehnend gegenüber – und fordert die komplette Abschaffung der Straßenbeiträge. Wiederkehrende Beiträge sind ein teures Auslaufmodell, warum etwas neu etablieren, wo der bundesweite Trend in eine andere Richtung geht?

 

Bleibt noch das Problem des Systemwechsels. Ja, ein Systemwechsel bringt immer auch Benachteiligungen mit sich. Nehmen wir Kitas. Jahrelang mussten Eltern dafür zahlen, nun sind sie komplett kostenfrei. Ist die SPD dagegen vorgegangen, um, wie sie es nun nennt, „neue Ungerechtigkeiten“ zu verhindern? Nein, sie waren dafür, weil sie den Systemwechsel für besser und gerechter fanden. So sehen wir dies bei den Straßenbeiträgen auch!

 

Alle nutzen die Straßen, alle sollen ihren Erhalt bezahlen: Dahinter gibt es kein Zurück. Das ist für uns die bessere und gerechtere Variante. Auch sollten wir wieder an den bundesweiten Trend denken: Sollte irgendwann eine hessische Landesregierung die Beiträge abschaffen (was die Landes-SPD fordert), dann hätten wir auch einen Systemwechsel.

 

Liebe Anwesende, die Heusenstammer Christdemokraten sind der Überzeugung, dass die ausschließliche Steuerfinanzierung die bessere und zukunftsorientierte Variante ist. Wir wollen den Systemwechsel. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung.